Nationaler Bildungsbericht 2024: Diversität und Inklusion im Fokus

Am 9. Dezember 2024 haben das Ministerium für Bildung, Kinder und Jugend und die Universität Luxemburg gemeinsam den vierten nationalen Bildungsbericht vorgestellt.

(v.l.n.r.) Prof. Jens Kreisel, Rektor der Universität Luxemburg; Dr. Sonja Ugen, Direktorin ff. des Luxembourg Centre for Educational Testing; Dr. Thomas Lenz, Research Portfolio Manager; Dr. Susanne Backes, Research Scientist; Claude Meisch, Minister für Bildung, Kinder und Jugend
© MENEJ

Der nationale Bildungsbericht, der seit 2015 alle drei Jahre erscheint, basiert auf einem multidimensionalen Ansatz (pädagogisch, psychologisch, linguistisch und soziologisch). Er analysiert die Chancen und Herausforderungen des luxemburgischen Bildungssystems. Herausgegeben vom Service de coordination de la recherche et de l'innovation pédagogiques et technologiques (SCRIPT) und dem Luxembourg Centre for Educational Testing (LUCET), bündelt der Bericht wissenschaftliche Artikel und Studien. Dies ermöglicht eine fundierte Beobachtung der Bildungspolitik und eine Evaluation der vom Ministerium initiierten Reformen.

Die Diversität der Schülerschaft ist nach wie vor eine große Herausforderung

Der Bericht hebt erneut die besondere Situation Luxemburgs hervor: eine zunehmend heterogene Schülerschaft, die durch Migrations- und Sprachhintergründe sowie den sozioökonomischen Status geprägt ist. Die Bildungspolitik und die eingeleiteten Reformen sind seit Jahren von dem Bestreben geprägt, das Bildungssystem gerechter zu gestalten und allen Kindern sowie Jugendlichen die bestmöglichen Erfolgschancen zu bieten. Dennoch ist und bleibt die Heterogenität die größte Herausforderung für das Bildungssystem. Aus diesem Grund widmen die Autoren des Berichts 2024 den Themen Diversität und Inklusion einen besonderen Schwerpunkt. Der Minister für Bildung, Kinder und Jugend, Claude Meisch, erklärte: "Diversität und Inklusion sind eine ständige Herausforderung für die Bildungspolitik, aber auch für alle, die sich für Kinder und Jugendliche engagieren. Der nationale Bildungsbericht beleuchtet die vielen Facetten dieses Themas und unterstützt uns dabei, unser Bildungssystem schrittweise an die Bedürfnisse unserer vielfältigen Schülerschaft anzupassen.

Das Bildungssystem inklusiver gestalten: Vier wichtige Reformen im Fokus

Unter den verschiedenen Maßnahmen, die ergriffen wurden, um das Bildungssystem gerechter und inklusiver zu gestalten, bestätigt der Bericht 2024 die vielversprechenden Ergebnisse von vier wichtigen Initiativen, die das Potenzial haben, die Bildungsungleichheiten schrittweise zu verringern:

1. Frühkindliche Bildung – eine wichtige Etappe im Bildungsprozess

Um allen Kindern die besten Chancen im Leben und in der Schule zu bieten, muss bereits in der frühen Kindheit gehandelt werden. In diesem Sinne führt die Regierung ehrgeizige Maßnahmen durch, um den Zugang zu Bildungs- und Betreuungseinrichtungen zu verbessern und die Qualität der frühkindlichen Betreuung zu erhöhen.

Um der sprachlichen Vielfalt gerecht zu werden und jedem Kind von Anfang an angemessene Bildungsmöglichkeiten zu bieten, hat das Ministerium 2017 ein mehrsprachiges Bildungsprogramm für Kinder im Alter von 1 bis 4 Jahren in Kindertagesstätten eingeführt. Außerdem erhalten sie dort eine kostenlose Betreuung von 20 Stunden pro Woche.

Das Regierungsprogramm 2023-2028 geht noch einen Schritt weiter, um jedem Kind die besten Chancen für einen erfolgreichen Start seiner Bildungslaufbahn zu bieten. So soll der Beginn der Bildungslaufbahn durch einen besseren Personal-Kind-Schlüssel in den Kindertagesstätten, ein Ganztagsangebot für die Früherziehung in allen Gemeinden und die Einführung einer zusätzlichen Betreuungsperson im Zyklus 1 gestärkt werden, die eng mit den Lehrern zusammenarbeitet, um den Unterricht an die Bedürfnisse der Kinder anzupassen.

2. Die öffentlichen Europaschulen

Damit jeder Schüler seinen Platz im öffentlichen Schulsystem findet, hat das Ministerium mit der Einrichtung von sechs öffentlichen Europaschulen in den letzten sieben Jahren einen entscheidenden Schritt zur Anpassung der Schullandschaft an die Diversität der Bevölkerung getan. Diese Schulen bieten der sehr heterogenen Schülerschaft durch einen flexibleren Ansatz beim Sprachenlernen gerechtere Erfolgschancen, da das sprachliche Profil ein wichtiger Faktor für den Bildungserfolg ist. Der nationale Bildungsbericht 2024 bestätigt die vorläufigen Ergebnisse einer Analyse, wonach diese Schulen tatsächlich dazu beitragen könnten, die bestehenden Bildungsunterschiede zu verringern. Die Analyse ergab, dass Schüler des europäischen Systems weniger Schulverzögerungen aufweisen als Schüler des nationalen Systems, dass sie seltener die Schullaufbahn wechseln und diese somit gradliniger verläuft und dass sie bei den standardisierten Tests (ÉpStan) bessere Ergebnisse in den mathematischen Kompetenzen erzielen. Somit scheinen die Ergebnisse zu bestätigen, dass es für die Schüler von Vorteil ist, ein Fach in einer Sprache zu lernen, die sie gut beherrschen.

3. Das Pilotprojekt "Alpha – zesumme wuessen"

Die Alphabetisierung ist ein entscheidender Moment, der den Grundstein für eine erfolgreiche Schullaufbahn legt. Um die Ungleichheiten aufgrund der sprachlichen Vielfalt der Schüler zu verringern, will das Ministerium auch das Bildungsangebot in den öffentlichen Grundschulen diversifizieren, indem es den Eltern der Schüler die Möglichkeit gibt, sich für eine Alphabetisierung in deutscher oder französischer Sprache zu entscheiden. Das Pilotprojekt "Alpha - zesumme wuessen" wurde zu Beginn des Schuljahres 2022/2023 in vier Grundschulen des Landes eingeführt. Die Lerngruppe mit französischer Alphabetisierungssprache zeichnet sich durch eine hohe Motivation aus, in der Alphabetisierungssprache zu lernen und zu lesen. Erste Ergebnisse des Pilotprojekts zeigen, dass dieser Ansatz das Potenzial hat, die sprachliche Vielfalt besser zu berücksichtigen.

4. Systematische Erkennung von visuellen Beeinträchtigungen

Die Früherkennung möglicher Defizite ist entscheidend, um den betroffenen Kindern eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Förderung zukommen zu lassen. Um Kinder mit einer visuellen Beeinträchtigung bereits zu Beginn der Grundschulzeit zu identifizieren und bestmöglich zu fördern, haben LUCET und das "Centre pour le développement des compétences relatives à la vue" (CDV) gemeinsam ein innovatives Screening-Verfahren entwickelt, das in standardisierte Tests (ÉpStan) integriert ist. Der nationale Bildungsbericht 2024 zeigt, dass visuelle Beeinträchtigungen erhebliche Auswirkungen auf das Lernen und die schulischen Leistungen von Schülern haben. Tatsächlich erzielten Kinder mit Sehstörungen bei standardisierten Tests im Zyklus 2.1 in allen drei Kompetenzbereichen (frühe Alphabetisierung, Mathematik und Hörverständnis) deutlich schlechtere Ergebnisse. Mit dem systematischen Screening verfügt Luxemburg über einen wichtigen Ansatz, um diese Risikoschüler frühzeitig zu identifizieren, die Maßnahmen an ihre Bedürfnisse anzupassen und so zur Verbesserung ihrer Erfolgschancen beizutragen.

Der nationale Bildungsbericht verdeutlicht die Herausforderungen und Chancen im Umgang mit der Diversität der Schülerschaft. Er zeigt, dass zwar noch nicht alle Auswirkungen der vom Ministerium eingeleiteten Reformen und Maßnahmen messbar sind, die ersten Ergebnisse jedoch vielversprechend sind und dazu anregen, weiterhin in die Chancengleichheit zu investieren.

Das Regierungsprogramm 2018-2023 sieht Maßnahmen zur Bewältigung der sprachlichen Vielfalt als prioritäre Herausforderung vor: Die Ausweitung des Angebots der öffentlichen Europäischen Schulen soll der hohen Einschreibungsnachfrage gerecht werden; die allgemeine Einführung des Projekts Alpha - zesumme wuessen, das in seiner Pilotphase intensiv beobachtet wurde, könnte auf der Grundlage der Ergebnisse der wissenschaftlichen Evaluierung ab dem Schuljahr 2026/2027 erfolgen.

Um der unterschiedlichen Schülerschaft gerecht zu werden, wird das Ministerium auch die Zahl der sozialtherapeutischen Zentren (CST) schrittweise erhöhen, in denen Grundschüler mit sozial-emotionalen Entwicklungsstörungen eine individuelle und intensive pädagogische Betreuung durch Pädagogen, Therapeuten und Lehrer erhalten. Dieses Angebot wird auch auf Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule ausgeweitet (CST 12+).

Um jedem Schüler die besten Erfolgschancen zu bieten, muss auch der Schulabbruch verhindert werden. Das Ministerium beabsichtigt, in verschiedenen Regionen des Landes weitere Zentren für die sozio-professionelle Eingliederung (CISP) einzurichten. Diese bieten den Jugendlichen nicht nur schulische, sondern vor allem sozialpädagogische Betreuung, um ihre sozialen, emotionalen und beruflichen Kompetenzen zu stärken.

Weitere Informationen: www.bildungsbericht.lu

Pressemitteilung des Ministeriums für Bildung, Kinder und Jugend

Regierungsmitglied

MEISCH Claude

Datum des Ereignisses

09.12.2024